Back on Track

„Cat, your position looks super interessting, haven´t seen that before! Its definitly not the one that I told you to do – but: Feel free to do what ever you want to! You are in Goa!“

Nun.

Ich war noch nie ein großer Yogi und leider auch kein sonderlich guter Zuhörer. Dadurch entstehen Situationen wie die eben genannte. Peinlich und blöd, aber so ist das halt bei den Verstrahlten. Jeder macht das, was er kann und will. Nicht mehr und nicht weniger. Ich bin heute aus verschiedenen Gründen hier. Zum einen, weil ich ein wenig unruhig und aufgebracht war in den letzten Monaten. Oder vielleicht sogar Jahren. Zwei, um genau zu sein. Böse Zungen behaupten jetzt wieder, das sei schon immer so.

Mögen den bösen Zungen die bösen Zungen abfallen!

Ich sitze in Goa in einem Yoga & Wellness-Retreat. Und zwar an der Bar bei einem gemütlichen Reggaebeat mit einem kalten Kingfisher. Es sei mir gegönnt, schließlich war ich heute morgen tatsächlich schon beim Yoga und hatte auch schon eine ayuvedische Massage. Zusätzlich noch ein kurzer Besuch bei den Singing Bowls.

Da mag es bei dem ein oder anderen vielleicht klingeln: Das hatten wir schon mal vor zwei Jahren. Kurz bevor der Kompletteinbruch kam. Der Kompletteinbruch, den ich nie beim Namen benannt habe und es auch heute nicht tun werde. Kurz und knapp: Ich war grandig und extrem traurig. Das ist heute nicht mehr so, hat aber einiges an externer Hilfe benötigt. Heute bin ich auf jeden Fall ein kleines Pflänzchen und es geht mir ganz hervorragend mit diesem durchaus interessanten, positiven Gedanken. Außerdem habe ich mich vor geraumer Zeit dazu entschieden, an der Weggabelung rechts zu gehen und somit den grünen und nicht mehr den schwarzen Weg zu gehen.

Nur zu gut kann ich mich daran erinnern, als ich vor genau zwei Jahren heulend in meiner Hängematte lag. Ich habe mich gehasst. Und Alles und Jeden um mich herum ebenfalls. Die Vögel, die Geckos, die Hunde. Ich weiß noch, wie ich sie am liebsten erschossen hätte wegen ihrem gottverdammten Gejaule. Und das, obwohl ich als Strandtesterin bei 29 Grad in einer Hängematte auf Koh Samui in Thailand lag.

Heute ist es anders. Ich liege auf meinem Balkon und es ist 06:30 Uhr, die Sonne geht gerade auf. Die Krähen, die ich von hier aus beobachten und hören kann, sind so dermaßen laut, dass sogar dem Hund auf dem Boden die Augenbraue nach oben schellt. Wir schauen uns an. Was wird sich dieser Vogel und seine Kumpels wohl denken?

Vielleicht ist es ein Balzsound und gleich geht es ultra heiß her und wird noch lauter. Vielleicht hat der Vogel aber auch Schmerzen und klagt dadurch sein Leid. Oder sein Sohn geht auf große Reise und er ist traurig und schreit deswegen. Irgendeinen natürlichen Grund wird es haben, warum er sich so daneben benimmt – und das ist irgendwie schön. Vielleicht denkt er sich aber auch einfach nur: „Kom schon Brudi, wir scheppern einen fetten Sound auf und ärgern damit die brunsblöden Touristen“! Ich muss lachen und bin irgendwie glücklich. Wie so häufig in letzter Zeit.

Was ich schon öfter mal irgendwo aufgeschnappt habe, geht mir zur Zeit ganz besonders intensiv durch den Kopf: Alle 7 Jahre ändern sich Körper und auch Geist. Ich glaube, da ist es bei mir gerade soweit. Der Körper ohnehin, ich habe nämlich vor einiger Zeit endlich mit dem Rauchen aufgehört und nehme derzeit gefühlt jeden Tag 500 Gramm zu. Macht aber nix, war zuvor eh ein Hungerhaken. Doch wie ist das mit dem Geist? Ich reime mir das gerade alles nur wild zusammen und philosophiere ein wenig umher, was daran liegt, dass ich hier sehr viel zum Nachdenken kommen.

Das Leben hat mir im letzten Jahr einige Aufgaben und Rätsel gegeben und im Nachhinein betrachtet würde ich sagen, dass ich Vollidiot keine einzige richtig gelöst habe. „Du checkst es nicht? Dann haste hier noch eine!“ Das muss sich das Universum Anfang diesen Jahres wohl gedacht haben und hat mir noch eine gegeben. Eine super knifflige Aufgabe, die ich lange nicht zu lösen wusste. Doch auf einmal war alles glasklar und diesmal wusste ich, was zu tun ist. Ein weiterer Grund, warum ich nun hier bin.

Ich weiß, ich rede super wirr. Ich bin weder betrunken noch bekifft, daher muss es wohl die Temperatur sein. Oder der lustige Blumensamen, auf dem ich gerade rumkaue. Wer weiß das schon .

Auf jeden Fall bin ich nun hier. Im Hier und Jetzt, in Goa also. Meine erste Indienreise soll weiß Gott keine Reise der Erleuchtung oder ähnlichem Firlefanz sein. Allerdings nutze ich die Zeit schon irgendwie sinnvoll und gehe tatsächlich ein bisschen in mich. Und durch mich. Zu mir. Wie sie das beim Yogieren und Meditieren immer so schön sagen.

Das mit dem Meditieren ist so eine Sache. Da ich nicht der Oberguru bin und es mir leider schwer fällt, mich einfach irgendwo hinzusetzen und Ruhe zu bewahren, habe ich eine eigens für Meditation geschaffene App auf meinem Handy. Headspace heißt das wundervolle Schmuckstück, das mich seit einiger Zeit begleitet. Ein netter Mann mit einer äußerst angenehmen Stimme leitet mich täglich dazu an, mich ein wenig zu besinnen und die Ruhe in mir selbst zu finden. Super schön ist das! Meinen Balance-Kurs habe ich bereits abgeschlossen, als nächstes ist der Happiness-Kurs dran. Ich sehe förmlich die Köpfe schütteln, aber das ist mir egal.

 

Ganz am Anfang hab ich mich schon während der Meditation fürchterlich aufgeregt. Mir bewusst geworden ist, dass ich keine 20 Minuten am Stück innehalten und mich auf die Atmung konzentrieren kann, ohne das einige super dämliche Gedankengänge durch mein Hirn fließen. Dann hab ich erfreulichweise eine Freundin aus Nürnberg getroffen, die schon ewig hier in Indien rumhängt. Und die hat mir gesagt, dass ich mich nicht ärgern soll, da geht es nämlich jedem Menschen ähnlich, jeder hat ein Gedankenchaos im Kopf und kann nicht einfach so 20 Minuten meditieren. Seitdem finde ich mich damit ab, werde aber von Tag zu Tag besser.

Das gleiche gilt für Yoga. Eine Stunde in lustigen, teilweise langwierigen Posen zu verharren, ist nicht jedermanns Sache. Wird aber auch immer besser und mittlerweile entwickelt sich sogar eine Art Praxis. Was ich für mich entdeckt habe und wirklich super cool finde, ist Acro Yoga, ebenfalls inspiriert durch Indie-Annie.

Eine von vielen wunderbaren, inspirierenden Menschen, die ich in dieser kurzen Zeit hier getroffen habe. Fast jeder Freigeist, der bisher meinen Weg gekreuzt hat, hat mir irgendwas interessantes mit auf den Weg gegeben, wie zum Beispiel eine tolle Lektüre von Eckart Tolle: Leben im Jetzt. Ein sehr lesenswerter Wegweiser, für jeden, der vielleicht in irgendeiner Weise irgendwas in seinem Leben optimieren möchte. Oder die Prophezeiungen von Celestine von James Redfield, eine spirituelles Kultbuch. Sebastian Fitzek muss also warten.

Außerdem habe ich Simon kennengelernt. Ex-Alki, seit 6 Jahren trocken und Mitglied bei den anonymen Ex-Koksern. Der erste, dem ich in die Arme gelaufen bin, als ich in Goa reinspaziert bin. Mit ihm verbringe ich viel Zeit, er erzählt gerne aus seiner verkorksten Vergangenheit und ich höre gerne zu. Manchmal sitzen wir zusammen am Strand und meditieren.

Simon hat noch immer zu kämpfen, hat heute noch ein Treffen mit Anonymie-Buddis, wie er sie nennt. Davon gibt es hier in Goa täglich 500, in London sind es 1500 und in New York sogar 2500. Beeindruckende Zahlen. Da sieht man mal, wieviele Menschen eigentlich Dreck am Stecken haben.  Simon wirkt heute ein wenig in sich gekehrt, ist aber die Ruhe in Person und strahlt das auch aus, was extrem gut tut. Von ihm habe ich eine Spotify-Playlist, eigens für mich zusammengestellt. Und die höre ich gerade, während ich diese Zeilen schreibe und freue mich, dass ich überhaupt wieder irgendwas schreibe. Irgendwie inspiriert mich der ganze Urlaub total und das ist schön. Fürs erste nach so langer Zeit solls das aber mal gewesen sein jetzt, hier kommen noch ein paar Bilder und dann ist Schluss. Tschüss!