OZORA-Festival in Ungarn – We go hard!

Ich mag gern Elektro. Und Hip Hop. Und Reggae. Was im Radio manchmal läuft, find ich auch nicht schlecht. Der typische, unbeliebte „Alles-Hörer“ also. Aber Goa, Psytrance und Hightech? Ich dachte immer, Menschen die solche Musik hören, haben definitiv eine Problemzone hinter der Stirn. Ich hatte mich, wie so häufig, geirrt. Letztes Jahr Silvester bin ich irgendwo durch den Busch gekrochen und urplötzlich stand ich auf meinem ersten Goa-Festival, Koh Tao Experience in Thailand.

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Geile Scheiße. Anfangs stand ich nervös wippend versteckt am Rand. Wie soll man den auf solche Musik tanzen??? Heißt das dann überhaupt Tanzen oder eher Eskalation? Nach einer Stunde beschämten Beobachten und dummen Rumglotzen hab ich es langsam gemerkt: Die Beats gehen vom Ohr einmal durch den Körper und kommen in den Beinen an. Ein Lächeln zauberte sich auf mein Gesicht. Mit scharrenden Füßen bin ich aus meinem Versteck gerannt und war kurze Zeit später außer Rand und Band: Wie eine Wilde habe ich mich 5 Tage auf dem Dance-Floor festgestampft und war mir sicher, dass ich dieses Gelände nie wieder verlassen möchte.

Die Menschen, die ich dort kennengelernt habe, sind zu Herzensmenschen geworden. „Cat, wenn du hier schon so ausflippst, dann musst du im August mit auf die OZORA nach Ungarn kommen. Da drehst du ab!“

We go hard!

Eigentlich dachte ich nicht, dass das tatsächlich hinhaut. Man lernt ja immer viele Leute auf Reisen kennen, macht lustige Sachen aus und hat sie 2 Wochen später eh wieder vergessen. Is halt so. Ich war mir meiner Sache extrem unsicher. Alleine auf ein 30.000 Personen Festival und hoffentlich die Leute aus Thailand finden? Bei knappen 40 Grad so lange Feiern? Bei so wilder Musik? Von meinen Nürnberger Freunden wollte auch niemand mit, die haben die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen und sind schreiend davon gerannt. „Viel Spaß Cat, aber den Blödsinn kannste gern mal allein machen!“ Ich, alleine auf ein Festival? Aber hey, ich habs alleine um die halbe Welt geschafft, dann werd ich doch das bitteschön auch irgendwie hinkriegen. Mitfahrgelegenheit organisieren, Campingsausrüstung zusammenschnorren und ab geht die Lutzi.

Oder die Cat.

Der Anfang beginnt eigentlich wie ein extrem schlechter Witz: „Fahren ein Metal-Freak, ein IT-ler, eine Blondine und ein schwarzer Rasta-Fari Israeli namens Aladin in einem unklimatisierten VW-Bus nach Ungarn und brauchen anstatt 7 Stunden 14. Ole Ole. Das kann ja heiter werden.

Angekommen, Zelt ins Eck geschmissen, Hommies gefunden, losgerannt und sofort gegen eine Reizüberflutung gekämpft. Bunt. Laut. Wild. Wahnsinn.

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Ich glaube, die Menschen, die hinter so einem Festivalaufbau stecken, sind durchgeknallte Super-Brains. Die denken da schon mit. Neben Main Stage, Chillout Dome, Dragonnest, Pumpui und anderen Tanz-Areas gabs da nämlich auch noch Sachen, wo man zwischen der Feierei auch gepflegt ein paar Gänge zurück schalten kann, zum Beispiel Workshops. Ich bin gleich in den Besten der Besten reingestolpert, ein Massageworkshop. Ein bisschen Räucherstäbchen hier, die innere Mitte finden da, bis alle tiefenentspannt sind, sich die Klamotten vom Leib reißen, mit Kokoscreme vollschmieren und sich gegenseitig massieren und ankuscheln. Hippies halt.

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Wer keine Lust auf Anfummeln hat, kann zum Yoga, in die Gymnastik, einen Töpferkurs besuchen, einen veganen Kochkurs mitmachen oder einfach im Freilichtkino chillen. Ich finde, die OZORA ist ein Festival für Jedermann, selbst wenn der Drang zur Hardcore-Psy-Musik vielleicht nicht gar so krass ausgeprägt ist.

Hier kommt jeder hin. Kinder und Opas. Feierwütige und Chiller. Slowenen und Tschechen, Italiener und Franzosen. Und die Feuerwehr. 4 Mal täglich war der Retter in der Not in der Ferne des Horizonts zu erkennen: Ich weiß nicht, wieviele Liter Wasser die verballert haben, um die Hardcore-Tänzer vor dem sicheren Kreislaufzusammenbruch zu retten, aber wie sie das gemacht haben, war echt geil. 3-2-1-Go – und die Masse brüllt und schreit und tanzt durch den Pseudo-Regen.

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Die Leute haben geheult vor Freude. Ich auch. Danach kann man sich eigentlich auch direkt nackt ausziehen, einmal komplett mit Schlamm vollschmieren und mit Anlauf einmal über den Boden schlittern. Eine Halli-Galli-Drecksau-Party also.

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Anstrengend war das schon alles. Bei ausreichend Ruhe-Stunden zwischendrin aber durchaus machbar. Mein bescheuertes Zwei-Mann-Zelt, das definitiv nur für eine winzige Person ohne Gepäck ausreicht, hätte ich eigentlich direkt in den Mülleimer schmeißen oder anzünden können. Bei 39 Grad schläft man nicht im Zelt. Das ist ja ekelhaft. Bei 39 Grad schläft man mit 20 anderen Leuten in einem megacoolen Riesencamp unter freien Himmel im Dreck. Oder man schläft einfach gar nicht und feiert sich selbst. Alles ist möglich.

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Manche haben den langen Weg zum Campingplatz in der Nacht leider nicht geschafft. Auf dem wohl saubersten Festival, das ich jemals kennenlernen durfte, macht das aber nix. Da kann man sich spontan eigentlich überall kurz in ein Eck legen und einen kleinen Power-Nap machen, hier geht das, da wird man nicht gleich als asozialer Säufer abgestempelt.

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Am allerwitzigsten war die Polizei unterwegs. Schade, dass die sich mal wieder so daneben benommen haben. Ich habe viele Geschichten gehört, aber dass die inkognito über den Campingplatz fahren, die Tür aufreisen, ohne Ankündung Leute ins Auto zerren und sie dann ins nächste Dorf zum Revier fahren, das find ich echt frech. Bis zu 12 Stunden wurden die da festgehalten, auch ohne Verdacht auf irgendwas durchsucht und dann einfach im Dorf stehen gelassen – wie man die zehn Kilometer mitten in der Pampa wieder zurück kommt, das war denen anscheinend egal. Mir ist das nicht passiert, aber zum Schluss war ich schon fast neidisch auf die Betroffenen: Alleine ins Revier rein, mit 10 neuen Freunden rausgekommen und auf den Schock erstmal 6 Stunden durchgefeiert. Dass man dort die besten Leute kennenlernt, glaube ich sofort!

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Meine anfängliche Sorge über das Festival war absolut unbegründet. Ich bin kein Kind von Traurigkeit und feier echt gerne, aber irgendwie dachte ich, dass mir das vielleicht eine Nummer zu hart ist. Am Ende stand ich mit bebender Unterlippe und ein paar Tränen in den Augen am Rande der Main-Stage und war erbost. Nein, Heim wollte ich nun wirklich nicht mehr. Ich hätte gerne direkt noch eine Woche gefeiert.

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Es war wundervoll. Inspirierend. Schön. Herrlich. In wenigen Worten nicht wirklich greifbar. Und extrem anstrengend. Ob ich mir das so schnell wieder antun werde?

Ja. Nächstes Woche in Polen. Punkt.

Oder was heißt Punkt? Wollt ihr zum Schluss noch ein paar Bilder sehen? Nein? Hier, bitteschön:

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2 Comments

  • Geile Scheisse,

    und das ohne mich.

    Cat, gut dass Du wenigsten hinaus fährst, und mir zeigst was ab geht. Hör um Himmels Willen nie auf zu reisen, zu feieren, und zu schreiben. Bitte, Bitte, Bitte!

    Ich hab noch nie so einen coolen Schreibstil gelesen.

    Starker Gruß aus bayrisch Schwaben!!!

  • Stefan sagt:

    Hi Cat schon das es dir gefallen hat. Ich habe so einen artikel von dir auf gmx gelesen Liebe vs Nomadenleben oder so. Dachte noch die olle soll ma ein bisschen auf Goa Parties gehen. Dann bin ich ma auf deine seite und siehe da du bist relativ angefixt. Herzlichen Glückwunsch
    Ich gehe seit ca 13 Jahren auf die Feste Ozora hatte ich auch schon und du solltest dir das BOOM Festival in Portugal mal vormerken. Da will ich nämlich auch noch hin

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