„Ich habe blonde Haare mit ein paar bunten Rasta-Flechtzöpfen, einen ausgewaschenen blauen Rucksack und stehe neben dem Mülleimer im Park“. Wenn ich da mal keinen Stein im Brett habe. Dass ich völlig durcheinander war, als ich in Neuseeland angekommen bin, hab ich in meinem Mitternachts-Kopfkino-Drama ja schon verlauten lassen. Da gings ja primär darum, wie das nun alles weitergehen soll mit mir und dieser großen Reise. Nun, es ist irgendwie weitergegangen, aber normal war das alles nicht. Nachdem sich bei meiner Freundin keine weiteren Traveller unter dem Sofa versteckt hatten, musste Methode 2.0, das Internet her. Auf Couchsurfing geistern die wildesten Vögel rum, so ist es mir mit Hilfe zahlreicher Blind-Dates gelungen, eine völlig wirre, hochinteressante Gruppe zusammenzustöpseln.
Here we go:
Ich bin echt nicht pingelig, aber die ersten beiden waren unfassbare Vollpfosten – dann kam Gott sei Dank Afton. Afton aus Vancouver, die hauptberuflich Dildos verkauft, ältere Damen bei Orgasmusschwierigkeiten berät und sofort beim ersten Treffen nachgehakt hat, ob ich denn heute schon meine Kegel-Exercises gemacht hätte. Dass Afton ab sofort mit an Bord war und auch noch heute, 2 Wochen später, angetüdelt neben mir am Strand sitzt, muss ich dann wohl an dieser Stelle nicht mehr erwähnen.
Nachdem wir uns nach 3 Gläsern Wein absolut sicher waren, dass wir durchaus eine geraume Zeit nebeneinander co-existieren könnten, ohne uns gegenseitig von den Klippen zu stoßen, wurde der Plan weiter ausgefeilt. Eine Tour in den Norden sollte es werden, so günstig wie möglich, am besten mit Personen, die diese ganze Mietwagen-Geschichte auf sich nehmen und wir nur noch locker flockig das Geld zustecken müssen, ohne weitere Sorgen. So haben wir eine weitere Person gefunden, die in etwa die gleiche Idee hatte und nicht sonderlich durchsetzungsfähig war, unseren Plänen somit widerspruchslos zugestimmt hat. Margus, das „Model“ , der in China „modelt“ und eine „Modelagentur“ betreibt – und das auch weiß. Keine weiteren Kommentare. Abgerundet haben wir die lustige Truppe mit einer weiteren Person, Owen – der Mietwagenverantwortliche, der niemals spricht. Aber für diese Funktion hatten wir ja mich, denn ich spreche gerne, laut und viel.
Roadtrip!
Fahren musste ich dann irgendwie doch hin und wieder, auch wenn ich das von Anfang an für keine gute Idee hielt. Den Linksverkehr kannte ich ja schon aus Asien. Aber rechts sitzen, zum ersten Mal einen Automatik-Wagen fahren und von einem Navigationssystem vollgesülzt werden? Sonderlich gut zurecht gekommen bin ich mit diesem neumodischen Zeug ehrlich gesagt nicht, das war ein elendiges Geschrei im Auto! Also alle anderen haben geschrien, was absolut überflüssig war, aber naja.
Was geht ab im Norden von Auckland?
Angeblich gibt’s auf der Nordinsel Neuseeland nicht gar so viel zu sehen, sehr viel schöner soll es im Süden her gehen. Also wenn das nicht jetzt schon schön ist, weiß ich auch nicht.
Goat Island, Bay of Islands, Cape Reinga, den 90 Miles Beach und die Coromandel Halbinsel haben wir uns angeschaut, das Eine besser als das Andere! Ganz besonders pfiffig waren unsere Unterkünfte, die mit 120 Dollar pro Nacht zwar im ersten Moment ultra teuer klingen, aber verglichen mit den unverschämten Wucherpreisen für Betten in einem 12er Schlafsaal (30 Dollar) kann man sich dann auch lieber zu viert ein nettes Häuschen am See teilen, auf der Terrasse grillen und Billigwein aus dem Supermarkt ballern.
Oder aber man schläft in Opa Peters Villa, der zum gleichen Preis ein paar Bettchen zu vermieten hatte. Es roch zwar auch nach Opa Peter, aber es war gemütlich, urig und irgendwie süß.
Da ich mein Geld für einen Helikopterflug über den Gletscher, einen Fallschirmsprung und Bungeejumping zusammenhalten muss, was alles auf der Südinsel passieren wird, haben wir uns hauptsächlich für günstige oder kostenlose Aktivitäten entschieden. So sind wir an unserem ersten Tag in einer dunklen Höhle rumgekrochen und haben Glühwürmchen angeschaut. Es war, wie es klingt: doof.
Sehr viel cooler wars am Cape Reinga, der nördlichste Teil von Neuseeland , wo 2 Meere aufeinander treffen. Gut, es ging recht ruhig zu, ich hatte im Kopf eigentlich bereits die wildesten Fantasien, wie das wohl aussehen mag. Aber es sah dann so aus und war einfach nur schön.
Vom grün-blauen Naturspektakel gings weiter, 5 Minuten südlich, und schon standen wir mitten in der Wüste. Und weil Snowboarden diesen Winter ausgefallen ist, entscheide ich mich 2015 für Sandboarden! Beinahe hätte ich nicht mitmachen dürfen. Sorry, no sandboarding for pregnant women….
HÄ??? DAS IST DER WIND DU BLÖDE SCHNALLE!
Dämliches Tanktop, jeder hat gelacht – ich nicht. Aber cool war das Sandboarden an sich ja schon.
Danach gings weiter auf die Coromandel Halbinsel, wo der Hot Water Beach recht witzig war. Die Idee dahinter ist, dass man mal eben schnell ein Loch in den Sand gräbt und sich dann gemütlich bei Badewannentemperatur reinsetzt und den Nachmittag genießt. Nun. Da ging mal gar nix so „eben schnell“. Entweder gräbt man 15 Minuten wie eine Wilde an der falschen Stelle und steckt seine Finger ganz plötzlich in Eiswasser, oder aber es wird von der einen auf die andere Sekunde so heiß, dass man sich danach die Haut vom Arsch puhlen kann und schreiend hin und her springt. Nach 1,5 Stunden hatten wir die Schnauze voll und gleichzeitig Glück, ein bereits gemachtes Nest wurde frei. Oder geklaut. Egal.
Und auf einmal war die wunderschöne Woche auch schon wieder rum.
Was kann man abschliessend zu dieser Blind-Date-Travel Erfahrung sagen? Prinzipiell eine verdammt gute Entscheidung, zumal der Mietwagen für eine Woche aberwitzige 600 Dollar + 4 Mal Volltanken a 80 Dollar gekostet hat – alleine kaum umzusetzen, zu viert durchaus bezahlbar. Eine lustige Erfahrung, die mit ausreichend Wein zu einem noch lustigerem Ausgang führt! Denn wie es oft so ist unter den jungen Leuten, wird dann am Abend eben doch ein bisschen gebechert. Der zeitnahen Hormonexplosion beinahe sicher gab es eine Person unter uns vieren, die sich am letzten Abend leider nicht ganz in Zaum halten konnte – so wurde das Glück an jeder Stelle gesucht, egal ob Männlein oder Weiblein. Nun. Der letzte Tag im Auto war sehr schweigsam, um weitere Peinlichkeiten zu vermeiden war es für jeden uns angemessen, die Ohren mit dem I-Pod abzudichten. 4 Menschen, 1 Auto, 300 Kilometer, niemand spricht.
Was für ein lustiges Fest!
Ich nenn mal aus Anstand keine Namen, aber letztendlich haben 2 völlig geknickte Männlein alleine den Weg nach Auckland auf sich genommen, um das Auto zurückzubringen. 2 völlig belustigte Weiblein hingegen haben sich ins Fäustchen gelacht und an den Straßenrand gestellt.
Und auch wenn meine Oma gleich rückwärts vom Stuhl fällt: Seit diesem Zeitpunkt trampe ich mit Afton durch die Gegend und es funktioniert ganz fabelhaft. 2 mal probiert, 2 mal hats geklappt, 1 Minute gewartet, prima. Es gibt da diese Geschichten von Mädels, die hitchhiken, ins Gebüsch gezerrt werden und fortan nie wieder gesehen wurden. Es gibt aber auch solche, die von einem Piloten und einem Arzt aufgesammelt werden, anschließend Kaffee und Kuchen in einer Villa bekommen, eine kostenlose Führung über eine Kiwiplantage genießen und vor der nächsten Hosteltür abgesetzt werden. Nun, da ich noch munter in die Tasten haue, könnt ihr wahrscheinlich selbstständig zuordnen, welche Geschichte zu mir gehört;)
Wie geht’s jetzt weiter? Nun, das mit der Hosteltür stimmt nicht so ganz. Es ist eher eine spezielle Tür. Wo sind wir genau? Auf einer Bio-Organic-Farm aka Hexenhaus.
Haha.. du gefällst mir! 🙂 Echt saulustig geschrieben und ich habe das ein oder andere Mal laut losgelacht. Das nenne ich mal ein Trip der in Gedanken bleibt. Tolle Erinnerungen, die dir keiner mehr nehmen kann!
Liebe Grüsse,
Doris
Mrs Globalicious
Danke 😉 Stimmt, ich glaube, ich werde diesen gesamten Neuseeland-Trip niemals vergessen – es kam nämlich noch besser! Erläuterungen dazu im nächsten Blogpost!
LG Cat