6 Kerle. 2 Frauen. 8 Orang-Utans. Und Urin auf dem Kopf. Ja, das war ein verdammt lustiger Ausflug. Nachdem ich am Lake Toba dann irgendwie doch total versumpft bin und endlich mal wieder ein paar Gänge zurück geschalten habe, musste dringend wieder ein bisschen Action her. Bukit Lawang hieß das kleine Dorf, dort wollte ich mich ein paar Tage niederlassen und dann das tun, was dort alle machen: Einen richtig coolen Dschungel-Trek! Den kann man direkt vor Ort buchen und sich überlegen, wie lange man das Ganze durchhält. 1 Tag ist das Minimum, die richtig Harten können auch 7 Tage lang trekken. Das macht aber fast niemand, mir persönlich wäre das auch zu anstrengend gewesen. Deshalb hab ich mich für die 2 Tages-Tour entschieden: Morgens um 9 sollte es losgehen, bis Nachmittags durch den Dschungel wandern, dann im Camp ankommen, baden, essen, schlafen, am nächsten Tag den Fluss durchqueren und mit einem Tubing-Reifen zurück zum Hostel fahren. Für mich klang das nach einem soliden Ausflug – 80 Euro hat das Ganze gekostet und war auf jeden Fall die Investition wert! Ich finde, man hätte vorher informiert werden sollen, dass es sau anstrengend wird. Wer da körperlich nicht fit ist, kann eigentlich auch direkt zu Hause bleiben. Ich hatte ja schon mal über die Vulkantour berichtet, aber die war eigentlich ein Dreck dagegen.32 Grad und 85% Luftfeuchtigkeit – ich habe nach 5 Minuten entsetzlich ausgesehen!
Kein Bild!
Der Guide, den wir angeheuert haben, macht das schon seit 15 Jahren und hat auch dementsprechend die notwendige Erfahrung. Irgendwie ist hier jeder ein Guide oder tut zumindest so, also ein bisschen umhören muss man sich schon bevor man das Ganze bucht. Nachdem wir die ersten 2 Stunden über sämtliche Steine geklettert und Wurzeln gestolpert sind, sollte auch endlich das passieren, worauf wir uns alle gefreut haben: Orang-Utans beobachten! Ganz ehrlich: Ich habe nicht daran geglaubt, dass ich jemals einen Orang-Utan in der freien Natur sehe – sowas hatte ich noch nicht mal im Zoo! Klar, kleine Affen gibt’s auf Sumatra überall, die Hocken da am Straßenrand und hupfen Nachts auf den Bungalows rum.
Aber Orang-Utans? Ich weiß ja nicht. So wurden wir darum gebeten, kurz irgendwo zu warten, der Guide wollte erstmal die Lage checken. Gemacht hat er das ziemlich gut, während all die unzertifizierten Guides wild mit Bananen rumhantiert haben, um die Tiere zu locken, hat unser Guide sich im Geäst versteckt und ziemlich wilde Geräusche imitiert. Ich glaube, er wollte so tun, als sei er auch ein Orang-Utan. Auf jeden Fall hat das ganz prima funktioniert. Und richtig großes Glück hatten wir auch. Von Anderen hatte ich erfahren, dass man in der Regel pro Tag um die 5 Orang-Utans zu Gesicht bekommt, wir haben 8 innerhalb von einer Stunde gesehen! Mamas, Papas, Babys, alle drei zusammen – es war der Wahnsinn. Es folgt eine Vielzahl von Affenbildern.
Eine warme Dusche gabs nach all dem Gegaffe auch. Und zwar von einem Orang-Utan, der ca. 7 Meter über uns in den Bäumen hing und all seine Urin auf uns niedergelassen hat. Getroffen hats den kleinen Franzosen, der ohnehin schon seit Beginn der Tour immer Irgendwas zu jammern hatte. Eigentlich ziemlich witzig. Als ich mir diese Urin-Sache so angeschaut habe, kam ich nicht umhin mich zu fragen, ob das Tier vielleicht wütend war? Vermutlich schon! Schließlich treten wir in ihr Terrain ein und ich würde mich auf belästigt fühlen, wenn ein solches Tier in mein Terrain eintritt! Kaum auszudenken! Es gibt nur 2 Orte auf der ganze Welt, an denen es diese wunderschönen, wilden Tiere noch gibt: Hier auf Sumatra und weiter östlich auf Borneo. In Borneo, Kalimantan, leben die Tiere auf dem Boden, hier im Gunung Leuser National Park nur in den Bäumen. Angeblich 6000! Warum der Unterschied zwischen Boden und Bäumen? In Borneo gibt es nicht gar so viele gefährliche Tiere auf dem Boden, deswegen kommen die Affen gerne nach unten und steppen wild herum. In Sumatra sieht das anders aus. Was es denn alles so gäbe, hatte ich den Guide darauf hin gefragt. Elefanten, Sumatra-Tiger, Cobra, Black Mamba.
Das hat gesessen.
Eigentlich dachte ich, das soll ein Witz sein – war es aber nicht. Ich meine, Schlangen, ja klar, darauf war ich mental vorbereitet. Aber Tiger und Elefanten? Hier draußen? Das konnte doch nicht sein Ernst sein. War es aber doch, ich hatte vorsichtshalber 2 Mal nachgefragt. Allerdings leben diese wilden Tiere noch viel weiter im Dschungel und zwar an Orten, an denen selbst die Guides eigentlich nie vorbei kommen. In den ganzen 15 Jahren hatte mein Guide nur einen Tiger gesehen, das aber auch nur aus der Ferne. Somit war ich ein wenigstens ein bisschen beruhigt und musste nur noch die Cobra – und Black Mamba-Sache prüfen. Hätte ich lieber lassen sollen. Die gibt es hier überall, auch auf dem Pfad, auf dem wir rumtrampeln. Alle zusammen sind giftig, beißen aber in der Regel nicht. Vorsichtshalber hatte ich einen Was-Wäre-Wenn-Fall mit meinem Guide durchkalkuliert, der nicht zufriedenstellend gelöst wurde: Falls sich nun tatsächlich eine Cobra vor mir aufbäumen würde und mich ins Bein beißt, dann hätte der Typ ein scharfes Messer dabei, damit würde er mir die betroffene Stelle in Form eine Lochs rausschneiden könnte, dann das Gift mit seinem Mund aussaugen und das Bein am Oberschenkel abbinden würde. Er würde mich so schnell es geht nach Hause tragen und hoffen, dass sich das Gift nicht ausbreitet. Falls doch: Ganz schlecht. Wenn man es lebendig bis nach Hause schaffte, bräuchte man noch ein bisschen Glück, dass das Bein nicht abstirbt. Und wenn das nicht eintritt, wäre ja alles ganz prima.
Ich war erbost!
An sich war ich mit dem bisher erlebten ohnehin schon ziemlich zufrieden, meinetwegen hätte es auch direkt weiter zum Dschungel-Camp gehen können. So langsam machten wir uns auch auf den Weg, ein kleiner Snack in Form von gebratenen Reise gabs auch noch. Den hatte ich aber in der Mitte einen Kreises zu mir genommen, so dass sich ein Radius von ca 3 Metern um mich ergeben hatte, wodurch ich alles um mich rum im Blick hatte. Ich habe im Stehen gegessen. Wie konnten die alle nur so entspannt auf den Wurzeln rumhocken nach dieser entsetzlichen Horrorstory? Ich wollte nun wirklich gerne zum Camp. Gedauert hats letztendlich nur noch eine Stunde, gesehen haben wir auch noch ein paar andere Sachen. Cool wars hier ja schon, das muss ich echt sagen. Und das Camp war auch der Hammer. So sah das Ganze aus:
Dort durften wir unsere durchgeschwitzten Sachen aufhängen und im Fluss baden gehen. Der dämliche Franzose hatte wieder nicht anständig zugehört und wurde direkt als er seinen Fuß reingesetzt hat von der Strömung mitgerissen und ist 20 Meter abgetrieben. Unser völlig genervte Guide musste ihn retten. Das war aber auch schon so ein halbes Hemd. Ich beobachtete die ganze Situation von einem Stein am Rand.
Vorzüglich.
Der Abend im Camp war cool und ein richtig ordentliches Essen gab es auch! Ich hatte mit nix Besonderem gerechnet, ist ja nicht so einfach mitten im Dschungel was Anständiges zu kochen. Das war die Dschungelküche:
Aber irgendwie haben wir ein richtiges Buffet hingezaubert bekommen und alles war fantastisch! Frittierter Tofu, vegetarisches Curry, scharf-marinierte Sojasproßen und Rind in gebackenem Blut.
Lecker!
Recht viel zu tun war im Dschungel nicht, es ist ja auch ab 18 Uhr stockfinster. Geregnet hats dann auch noch ordentlich, und zwar so dermaßen, dass man sich eigentlich nicht mal unterhalten konnte – zu laut! So habe ich mich schon um 21 Uhr abgelegt, war ja eh total im Arsch. Lustig war noch die Sache mit den Isomatten, das war nämlich das Einzige, was wir für die Nacht bekommen hatten. Den ganzen Weg lang musste ich mich auslachen lassen, warum ich so einen vollgestopften Rucksack mit mir rumschleppe. Die haben mich echt als kleinen Depp hingestellt, nur der Guide, der lächelte mir freundlich zu – der wusste schon, was ich dabei hatte. So habe ich mich in meinen frisch gewaschenen Ersatzklamotten in meinen dünnen Funktionsschlafsack gekuschelt und hab mir meine Nackenkissen unter den Kopf geklemmt – von den frierenden, stinkenden, durchgeschwitzten Franzosen hat niemand mehr ein Wort gesagt, die haben nur noch blöd geglotzt und hatten außer Pokerkarten und einer Badehose gar nix dabei. Na dann gute Nacht. Beim Einschlafen hatte ich mir insgeheim noch gewunschen, dass ich diesmal vielleicht Nachts nicht pinkeln muss. Das wäre schön gewesen. Ich musste 2 Mal. Alles in allem war es die wahrscheinlich längste Nacht, die ich jemals hatte. Ungemütlich und ziemlich laut, aber definitiv einzigartig. Am nächsten Morgen gabs noch ein solides Frühstück und irgendwie fand ich diese ganze Dschungelsituation fantastisch.
Eigentlich hätte ich noch einen weiteren Tag vertragen können, so oft macht man das ja dann auch wieder nicht. Den Fluss konnten wir leider nicht mehr überqueren, auf der anderen Seite hätte es noch einen Wasserfall gegeben. Der Guide gab der reisenden Strömung die Schuld , ich gab dem halben Hemd von Franzosen die Schuld. Ich vermute mal, dass der Guide einfach keine Lust hatte auf ein weiteres Drama. So haben wir unsere Sachen gepackt und sind mit zusammengebundenem Tubing-Reifen zurück bis zum Hostel gefahren. Das war auch ziemlich witzig. Für mich war diese Tour wirklich einzigartig, und wenn ihr mal nach Sumatra kommt, kann ich das absolut empfehlen!