„Sweet As! Would you mind driving me and my car to Christchurch? I am totally wasted.“ So oder so ähnlich fing mein Südinseltrip an. Ein lallender, stockbesoffener Kerl, der am Fähranleger in Picton verzweifelt nach einem Fahrer gesucht hat, um sich und sein Auto unbeschadet gen Süden zu bringen. Wisst ihr was? Ich hätte den alten Suffkopf einfach durch die Gegend fahren sollen, der war nämlich zum Brüllen komisch und ich hätte mir die darauffolgende Scheiße bestimmt erspart.
Die Hitchhiking-Misere
Da stand ich mal wieder, irgendwo im Nirgendwo, auf Empfehlungen einiger Anderer, an der wohl beschissensten Kreuzung überhaupt und versuchte bei einbrechender Dunkelheit bis nach Nelson zu trampen. Sonderlich leicht war es nicht, da ein verzweifeltes Mädl an meinem Bein klebte, die sich beinahe in die Hosen geschissen hat vor Angst und sich außerdem ein 2 Meter großer, dunkler Kapuzenpulli-Typ dazugesellte, der auch gerne mit wollte. So sammelt uns bestimmt keiner auf, erlaubte ich mir anzuzweifeln. Ich lag richtig. Langsam wurde es auch kalt und ein einsetzender Nieselregen hat die Situation zu einem zauberhaften Gedicht gemacht. Ich war verzweifelt. Da standen wir nun frierend und schimpfend und eigentlich hätte nur noch ein Heuballen gefehlt, der über die leeren Strassen fegt, um der Situation die nötige Dramaturgie zu verleihen.
Der Heuballen kam nicht und ein Auto kam auch nicht. So ging der Hitchhike-Versuch zum ersten Mal nach hinten los und wir mussten in ein völlig veranztes Motel einchecken, in dem die Küche schon zu war und irgendwelche Stammtischler lallend auf ihren Barhockern wippten. Tolle Wurst. Einer der Suffköpfe entpuppte sich als Tourguide und bot an, uns am nächsten Morgen nach Nelson zu fahren, da müsse er auch hin. Ole Ole. Vorraussetzung: Wir fahren noch mal die komplette Strecke zurück zum Fähranleger, da wird noch jemand aufgesammelt. Unsere letzten 12 Stunden waren somit völlig für die Katz, ich wäre besser drangewesen, wenn ich mich bei Ankunft an der Südinsel einfach in einer Bar volllaufen lassen hätte. Egal. Am nächsten Tag ging es dann eben wieder zurück und dann nach Nelson.
Das Couchsurfing-Experiment
Dort hatte ich zum ersten mal einen Couchsurfer gefunden, bei dem ich 2 Nächte übernachten konnte um mich zu sammeln. Wusste ja selbst nicht so ganz, wie ich nun weitermache. Aus 2 Nächten wurden 5, ich hatte ein eigenes Zimmer und wurde nach seiner Arbeit durch die Gegend kutschiert – eigentlich eine feine Sache.
Mit der Betonung auf eigentlich. Die Woche war an sich wirklich schön. Trotzdem habe ich mich schon die ganze Zeit gefragt, warum diese ganzen Leute kostenlos ihre Wohnungen anbietet, zum Essen einladen, die schönsten Fleckchen zeigen, und dann auch noch anbieten, dass man solange bleiben kann wie man will. Kostenlos. Ich wurde stutzig. Als ich mir sein Profil genauer angeschaut hab und seine Exfreundin kennenlernen durfte wurde ich noch stutziger. Die sind ja alle blond. Zwischen 20 und 30. Aus Deutschland. Und sehen genau so aus wie ich? Hmm. Seltsam. Einen Kerl hat er vorher auch noch nie gehostet. Ich fühlte mich unwohl und entschloss mich am nächsten Tag zu gehen. Eine letzte Samstag-Abend-Feierei sollte es geben, bei der sich der Sir völlig ins Off geschossen hat, extrem seltsames Balzverhalten an den Tag gelegt hat, mir mitten im Club einen draufgedrückt hat und mir lächelnd erklärt hat, dass wir jetzt nach Hause gehen. Prima. So dermaßen unwohl habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt – ich wollte nicht mit, musste aber, schließlich waren meine ganzen Sachen dort. Dem Himmel sei Dank hat er nach Aufschliessen der Tür die ganze Bude vollgekotzt und ich konnte mich heimlich still und leise in meinem Zimmer einsperren. Ende dieser ersten Couchsurfing-Erfahrung.
Der Hysteriker
Am nächsten Tag hab ich mich von einem Bekannten an die Golden Bay nach Hippie-Takaka fahren lassen. Dort wollte ich für ein paar Tage in einem echt coolen Hostel arbeiten, das mitten am Strand war, zu einer Yogaschule gehörte und einfach nur extrem gechillt war.
Schon als ich bei einer Hokus-Pokus-Akkupunktur-Stunde dazu genötigt wurde, mich doch nun bitte ins „Lala-Lulu-Land“ zu verabschieden, hätte ich mir denken sollen, dass die alle nicht mehr ganz sauber in der Birne sind. Auch der Besitzer war extrem seltsam und ich stufte ihn sofort beim ersten Händedruck als Unsympathen ein. Ich glaube ja, dass da auf beiden Seiten eine gewisse Abneigung bestand. Wie Recht ich hatte. Die Arbeit war komisch. Und die Verpflegung auch. Eigentlich ist das ja bei diesem Wwoofing so gedacht, dass man 4 Stunden pro Tag arbeitet, 2 Tage die Woche frei hat und dafür umsonst schläft und solides Essen bekommt. Dieser alte, dämliche Sack (sorry), hatte das anders gesehen, für ihn sind wir einfach nur extrem billige Arbeitskräfte, die Drecksarbeit machen und Drecksessen bekommen. Nichts gegen ein Hühnchencurry, sowas schmeckt mir natürlich schon. Aber nicht 8 Tage lang, aus einem 8 Litertopf, wenn es Frühs, Mittag und Abends, Tag für Tag, verzerrt werden muss, solange bis es leer ist, um uns danach die gleiche Scheiße für die nächsten vier Tage hinzustellen. Einen Tag frei gab es auch nicht, so dass ich mir erlaubte, ein wenig aufmüpfig zu werden und mich zu beschweren. Ich lass mich ja nicht verarschen. Meinen freien Tag hab ich somit bekommen, auch wenn ich ab sofort den Hass dieses Arschlochs auf mich gezogen hatte, da er an diesem Tag seine Sklavenarbeit selbst machen musste. Es war ein toller freier Tag, der genau 2 Stunden dauerte. Mitten im Skype-Telefonat hat der Hysteriker meine Tür aufgerissen, mich mit einem hochroten Kopf des Online Shoppings bezichtigt (Hä?) und mich zur Sau gemacht. Ich war verwirrt. Noch verwirrter war ich 5 Minuten später, als ich noch mal kurz nachhaken wollte , was denn nun gerade das Problem war.
„You did Online Shopping , fuck you and leave my beautiful Hostel. Now.“
Cool. Ich hatte noch kurz versucht, das Diskutieren anzufangen, da war dem alten Mann aber ganz offensichtlich bereist eine Ader im Kopf geplatzt. In diesem Moment war ich noch relativ gelassen und habe erklärt, dass ich nicht sofort auf der Stelle gehen werden, da meine gesamte Wäsche in der Maschine ist und ich warten werde, bis das trocken ist. Im nächsten Moment stand ich mit einem großen schwarzen Plastiksack und 30 Kilo ungeschleuderter, tropfnasser Wäsche mitten im Wald und wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Ich hatte mich spontan für beides entschieden. 16 Kilometer von der nächsten Ortschaft entfernt, ausgestattet mit einer Schlafanzughose und meinem Wäschesack habe ich einen Hostelgast gebeten, mich bitte in die Stadt zu fahren. Dort habe ich meine Wäsche nochmal neu gewaschen und einen weiteren, wie sich danach rausstellte, saublöden Plan auf die Beine gestellt und habe die an sich wunderschöne Golden Bay verlassen.
So habe ich mich einen Tag später wieder an den Straßenrand gestellt und bin zurück nach Picton getrampt, wo ich mich mit einem ganz besonders lustigen Pärchen treffen wollte, um gemeinsam mit einem Mietwagen über die Insel zu fahren. Ein tolle Idee.
Reise-Strapazen
Man hätte vorher besser kommunizieren sollen. Gegen die Idee, überall zu Zelten, hatte ich mich von Anfang an aufgelehnt, zumal ich kein Zelt, keinen Schlafsack und keine Isomatte hatte. Das wird bestimmt kuschelig. Einen Schlafsack habe ich mir dann in weiser Voraussicht gekauft, mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass ich ja eigentlich im Auto schlafen kann. Warum auch immer, aber aus Trotz durfte ich nicht im Auto schlafen, was mir bereits am ersten Tag des lustigen Trips einen faden Beigeschmack bereitet hat. Auf soliden Campingplatzen sollte auch nicht gecampt werden, die waren nämlich zu teuer. So wurde am ersten Abend direkt bei einem ahnungslosen Neuseeländer geklingelt, mit der Bitte, ob wir doch bitte umsonst in seinem Garten schlafen können. In Grund und Boden habe ich mich geschämt! Wenngleich wir ein paar relativ schöne Ausflüge und Touren zusammen bestritten haben, die Diskussionen ums Geld waren schier endlos.
Ich bin auch mit einem schmalen Budget unterwegs, aber wenn ich schon mal hier bin und so einen Trip mache, dann doch bitte so, dass ich ihn in einigermaßen guter Erinnerung behalte. Bei Dauerregen und 13 Grad darfs dann auch gern mal ein Bett im Hostel sein. Und wenn das Hostel dann auch noch zufällig eine Sauna hat, dann hock ich mich da am Abend eben rein und kuschel mich in mein Bett, wenngleich ich weiß, dass sich manch andere Personen, die gerade frierend und sitzend im Hostelgarten in ihrem Auto schlafen, wahrscheinlich gerade das Maul über mich zerreisen. Mir egal! So ging eigentlich der gesamte Trip, von Picton über Christchurch, rüber an die Westküste über den Arthurs Pass und von dort aus Richtung Süden. Dort wollte ich mich ausklinken, was ich bereits vor der Reise angekündigt hatte, um mir in Wanaka oder Queenstown einen Job zu suchen. Fast haben wir es bis nach Wanaka geschafft. Aber nur fast. Gut 50 Kilometer vor Wanaka wurde wieder an einem „Campingplatz“ gehalten, weit und breit kein Supermarkt, keine Dusche, kein gar nix. Abends um 5. Mit der Aussage, dass wir hier jetzt schlafen und morgen weiterfahren. Ich hätte sogar alleine im Auto schlafen dürfen. Prima, danke. 5 Minuten habe ich überlegt, wie ich aus dieser Misere wieder rauskomme. Bis ein Auto neben mir gehalten hat und mich 4 Japaner angestiert haben. Soll ich? Oder soll ich nicht?
Ecxuse me, are you going to Wanaka? Now? Great, I come with you!
Verwirrt waren die lustigen Asiaten ja schon irgendwie, aber egal, ich bin ins Auto gesprungen und war auf dem Weg nach Wanaka.
Und hier bin ich nun. Seit fast 3 Wochen. Gehe ein bisschen arbeiten und wohne in einer lustigen WG. Denke über die letzten Wochen nach. Überlege, ob ich eine Lektüre oder einen Roman über meine Reise schreiben soll. Versuche, mich zu erholen. Und irgendwie anzukommen. Aber es klappt nicht. Irgendwie ist bei mir seit geraumer Zeit der Wurm drin. Außerdem ist mir kalt. Ich habe Maßnahmen ergriffen.
Und welche das sind, erfahrt ihr in meinem nächsten Blogpost;)
Liebe Cat,
ich danke dir für diesen Post, wirklich! Und das aus dem Grund, dass du damit zeigst, dass das Reisen eben nicht immer nur Friede-Freude-Eierkuchen ist, sondern dass auch mal was nicht so nach Bilderbuch verläuft. Oft werden in Reiseberichten immer nur die schönen Seiten thematisiert und gezeigt, die Dinge die mal echt blöd laufen werden oft weggelassen. Zum Beispiel glaube ich nicht, dass viele davon erzählt hätten, dass sie aus einem Hostel geflogen sind.
Das macht dich und deinen Blog nur noch authentischer. Ich jedenfalls mag das 🙂
Daumen hoch!
Liebe Grüsse,
Doris
Mrs Globalicious
Danke! Ja, so ist das Leben und auch das Reisen – von rosarot bis kackbraun;)